Medienerziehung: „Medienfreie Räume sind realitätsfern“
Hamburg, 07. August 2024. Kinder verbringen immer mehr Zeit mit digitalen Medien. Jedes zweite Kind zwischen 6 und 13 Jahren ist dabei alleine im Internet unterwegs (siehe beispielsweise mini KIM Studie 2023). Medienerziehung hilft dabei, dass sie sich dort sicher fühlen. Anlässlich des Welttags der Jugend am 8. August erklärt Medienpädagoge Günther Anfang, wie Medienerziehung gelingt. Anfang ist Referent auf dem Deutschen Kitaleitungskongress, der größten Fachveranstaltung Leitungskräfte im frühkindlichen Bereich im deutschsprachigen Raum.
Schon beim Eintritt in die Kita verfügen Kinder heute bereits über vielfältige Medienerfahrungen. Handys, Tablets oder ähnliche Geräte gehören zur alltäglichen Grundausstattung in Familien wie Waschmaschine und Toaster.
Um späteren Missbrauch und Suchtverhalten zu vermeiden, kommt es auf eine gelungene Medienerziehung an. Medienerziehung bedeutet regulieren statt Verbote auszusprechen, sagt Medienpädagoge Günther Anfang. Es sei realitätsfern, medienfreie Räume schaffen zu wollen, denn Kinder sind quasi von Geburt an ständig mit digitalen Medien konfrontiert. Daher ist es Aufgabe von Eltern und Erziehenden, kreative, sichere und kritische Möglichkeiten der Mediennutzung zu zeigen.
Statt Verboten sollten Eltern ihren Kindern vermitteln, dass ungebremster Medienkonsum nicht sinnvoll ist. „Das ist anstrengend, weil Medienerziehung ein Aushandlungsprozess ist. Aber ohne geht es nicht“, sagt Anfang. Das Ziel ist, Medien in einem durch Regeln geschützten Raum zu nutzen.
Günther Anfang hat fünf Tipps für Eltern, damit Medienerziehung gelingt:
- Vorbilder in der Medienerziehung
Seien Sie sich ihrer Vorbildfunktion bewusst. Kinder lernen den Medienumgang zuhause, daher sollten Eltern ihre eigenen Mediengewohnheiten überprüfen. Kinder, deren Eltern Stunden vor dem Handy oder dem Fernseher verbringen, werden nur schwer einsehen, warum sie ihren Tag mit etwas anderem verbringen sollten. - Verbindliche Regeln
Verständigen Sie sich auf Regeln, legen Sie sie gemeinsam und verbindlich fest. Ziel sollte sein, dass Kinder lernen, für sich selbst sinnvolle Möglichkeiten zu finden, mit Medien umzugehen, statt wahllos zu konsumieren. Das kann beispielsweise bedeuten: Keine Handys am Esstisch, um 22 Uhr ist das Handy aus und/oder die Anzahl der Stunden ist festgelegt. - Medienerziehung als Prozess
Medienerziehung ist ein Prozess. Lassen Sie sich nicht entmutigen. Regeln sollten immer wieder überprüft werden, ob sie sinnvoll sind. Wenn es immer wieder Streit gibt, ist das ein Hinweis darauf, dass die Regeln überprüft werden sollten. - Kreativen Umgang fördern
Medien sollten weder als Belohnung noch als Bestrafung eingesetzt werden, weil das Ihren Stellenwert erhöht. Stattdessen sollten Medien den Alltag bereichern und mit Verstand eingesetzt werden. Zeigen Sie Ihrem Kind beispielsweise, dass man mit digitalen Medien kreativ umgehen kann, etwa zum Bearbeiten von Bildern. - Ernst nehmen ist wichtig
Es gibt keine Patentrezepte für Medienpädagogik. Reden Sie mit Ihren Kindern und fragen Sie nach Ihren Bedürfnissen. Lassen Sie sich von Ihrem Kind zeigen, was es gerne mag. Nehmen Sie es ernst, dann werden Sie auch ernst genommen werden, wenn Sie Ihr Kind etwa bei der Auswahl von Sendungen beraten. Noch wichtiger: Ihr Kind wird sich an Sie wenden, wenn es Hilfe benötigt.
Fazit
Medienerziehung bedeutet, einen sinnvollen Umgang mit Medien zu lernen. Das ist ein Prozess. Der Lernprozess muss in kleinen Schritten erfolgen, wenn Sie Ihr Kind nicht überfordern wollen. Zunächst nimmt es die Inhalte aus Fernseher, Videospielen oder aus anderen Medien „ungefiltert“ auf. Mit Hilfe von Regeln und guten Vorbildern lernen Kinder, wie sie das Gesehene und Erlebte einordnen und wie sie damit umgehen können.
Günther Anfang ist Referent auf dem Deutschen Kitaleitungskongress zum Thema Medienerziehung. Die nächsten Kitaleitungskongresse 2024 finden statt am 23./24. September in Wiesbaden, am 30. September/1. Oktober in Hamburg, am 28./29. Oktober in Berlin und am 27./28. November in München. Der Deutsche Kitaleitungskongress ist die größte Fachveranstaltung für Kitaleitungen, Fachberatungen und Trägervertretungen im deutschsprachigen Raum mit über 4.000 Teilnehmenden an insgesamt sieben Standorten. Persönliche Weiterentwicklung, neues Wissen und Austausch stehen im Fokus. Gastgeber des DKLK sind Fleet Education Events und der Verband Bildung und Erziehung (VBE).